Direkt zum Inhalt

Die biodynamische Landwirtschaft ist die „Urform“ der modernen biologischen Landwirtschaft. Sie beruht auf den in den 1920er-Jahren entwickelten Arbeiten des österreichischen Anthroposophen Rudolf Steiner. Die Biodynamie hat die sogenannte „Hofindividualität“ als Ideal zum Grundprinzip: Eine ganzheitliche Betrachtung des Betriebs (Boden, Pflanze , Tier, Mensch) und geschlossene Kreisläufe durch artenreiche Fruchtfolge und Viehhaltung sind wichtige Eckpfeiler dieser Produktionsmethode, auch wenn das in Weinbaubetrieben oft nur Schritt für Schritt zu verwirklichen ist.

Biodynamischer Weinbau soll der Entwicklung von Natur und Mensch helfen, indem er eine möglichst hohe ökologische, ökonomische, gesellschaftliche und emotionale Nachhaltigkeit gewährleistet. Ein in sich geschlossener, für sich selbst überlebensfähiger Hofkreislauf gilt als Ideal und lässt Produkte mit maximaler Individualität entstehen.

Neben den im biologischen Weinbau verwendeten Pflanzenstärkungsmitteln kommen zusätzlich biodynamische Präparate wie Hornkiesel- und Hornmistpräparat und verschiedene Pflanzenauszüge unterstützend zum Einsatz. Die ganzheitliche Betrachtung schließt auch kosmische Einwirkungen, wie jene der Mondphasen, auf die Organismen mit ein. Konsequenterweise sollen im Keller so wenig Technik, Hilfsstoffe und Zusätze wie möglich eingesetzt werden, um möglichst naturbelassenen Wein zu erzeugen.

In Österreich bestehen zwei marktrelevante privatrechtliche Organisationen, die für ihre Mitgliedsbetriebe Richtlinien für die biodynamische Produktion festlegen: Demeter und respekt-BIODYN.

Demeter Österreich ist die heimische Vertretung des international agierenden Demeter-Verbands, der nicht nur Weinproduzent*innen, sondern weltweit mehr als 7.000 Erzeuger*innen landwirtschaftlicher Produkte nach biodynamischen Richtlinien umfasst. Das Demeter-Markenzeichen existiert bereits seit 1928, womit der Verband als ältester Bio-Verein weltweit gilt. Respekt-BIODYN wurde 2007 in Österreich ins Leben gerufen und vereint über 30 Weinbaubetriebe aus Österreich, Italien, Deutschland und Ungarn in ihrem Bestreben nach biodynamischer Weinbereitung und individuellen Qualitätsstandards.
 

Verbreitung

© ÖWM / WSNA

Verbreitung

  • Die biodynamisch bewirtschaftete Weinbaufläche in Österreich belief sich 2022 auf insgesamt 1.444 ha. Diese Summe setzt sich aus den Flächen der Mitgliedsbetriebe von Demeter (866 ha) und respekt-BIODYN (714 ha) zusammen, wobei einige Betriebe über beide Zertifizierungen verfügen.
  • Demeter Österreich zählt derzeit 54 Weinbaubetriebe zu seinen Mitgliedern.
  • Respekt-BIODYN verzeichnet 18 österreichische Weinbaubetriebe (weitere, neue Mitglieder befinden sich aktuell in Umstellung).
  • 15 % der biologischen Weinbaufläche in Österreich werden biodynamisch bewirtschaftet, das entspricht 3 % der gesamten Weinbaufläche (44.537 ha)
  • In den letzten fünf Jahren hat sich die biodynamisch-zertifizierte Fläche fast verdoppelt.

Zertifizierung und Kontrolle


Zertifizierung und Kontrolle

Die Demeter-Zertifizierung erfolgt durch Demeter Österreich nach einer Umstellungsphase und einer Kontrolle durch unabhängige, nationale Prüfstellen, z. B durch LACON. Auch die jährliche Kontrolle der Demeter-Richtlinien bei den teilnehmenden Betrieben erfolgt durch unabhängige Prüfstellen. Betriebe, die respekt-BIODYN angehören, werden ebenso nach einer Umstellungsphase und der Kontrolle durch eine unabhängige Prüfstelle vom Verein zertifiziert und in Österreich jährlich durch LACON kontrolliert.

Demeter bzw. respekt-BIODYN-zertifizierte Betriebe dürfen folgende Markenzeichen auf ihren Produkten oder Kommunikationsmaterialien führen.

Good to know


Good to know

Die Einhaltung der Richtlinien zum biologischen Weinbau und eine entsprechende offizielle Zertifizierung lt. EU-Bio-Verordnung sind Voraussetzung für die biodynamische Wirtschaftsweise laut Demeter und respekt-BIODYN. Beide Verbände operieren unter weitgehend einheitlichen biodynamischen Richtlinien, haben aber auch vereinsspezifische Vorgaben für ihre Mitglieder ausgearbeitet. Die biodynamischen Richtlinien sind als Leitsätze zu verstehen und müssen nicht (im Gegensatz zu den gesetzlich vorgegebenen Richtlinien der EU-Bio-Verordnung) von jedem biodynamisch wirtschaftenden Betrieb auf gleiche Weise umgesetzt werden.

GRUNDSÄTZE UND PRINZIPIEN DES BIODYNAMISCHEN WEINBAUS laut Demeter und respekt-Biodyn

  • Bereitstellung von organischem Dünger (Mist, Kompost) oder die Herstellung von Pflanzenstärkungsmitteln soll im Sinne der Kreislaufwirtschaft am Betrieb selbst erfolgen.
  • Handlese bevorzugt
  • Spontangärung durch natürliche Hefen bevorzugt
  • Schwefeleinsatz auf ein Minimum beschränken (max. Menge gemäß EU-Bio-Verordnung).
  • Bodenbearbeitung, Laubarbeit und Kellerarbeit unter Berücksichtigung der planetaren Konstellationen
  • Einsatz von anthroposophischer Medizin und klassischer Homöopathie

Für eine Auflistung verpflichtender Maßnahmen und Verbote siehe: Gebote und Verbote des biologischen Weinbaus

Spezifisch für Demeter geltende Grundsätze und Prinzipien des biodynamischen Weinbaus

Demeter ist nach eigenen Angaben der einzige biodynamische Verband, der weltweit nach den gleichen Grundsätzen arbeitet, wobei nationale Unterschiede bei einigen Richtlinien bestehen. Das Demeter-Markenzeichen existiert bereits seit 1928, womit der Verband als ältester Bio-Verein weltweit gilt.Österreich hat innerhalb von Demeter International den Ruf eines Musterschülers mit besonders strengen Richtlinien. Die wichtigsten Vorgaben für die biodynamische Demeter-Zertifizierung für Wein werden im Folgenden beschrieben.

Zu den Geboten zählen:

  • Verwendung von 100 % Demeter-zertifizierten Trauben, eine Verarbeitung von nicht-biologisch oder biodynamisch zertifizierten Produkten ist am gleichen Betrieb nicht erlaubt
  • Handlese der Trauben bevorzugt
    • Demeter Österreich: verpflichtende Handlese
  • Trester nach Möglichkeit wieder im Weingarten ausbringen
  • Einsatz von so wenig Technik, Hilfsstoffen und Zusätzen wie möglich auf allen Stufen des Prozesses im Weinkeller, z. B. Nutzung von Schwerkraft statt Pumpen, physikalischen sind chemischen Methoden vorzuziehen
  • Lagertanks aus natürlichen Materialien (z. B. Holz, Stahl, Steingut, Glas, Beton)
  • Zusatz von Demeter-Zucker oder -Traubensaftkonzentrat erlaubt, um den Alkoholgehalt um max. 1,5 % vol. zu erhöhen (bei Nichtverfügbarkeit Bio-Zucker oder Bio-Traubensaftkonzentrat)
  • Die Zugabe von neutraler (Demeter- oder Bio-)Hefe ist bei definierten Gärstörungen erlaubt.
    • Demeter Österreich: ausschließlich Spontangärung oder Verwendung hofeigener Hefen
  • beschränkter Einsatz von Mitteln zur Säureregulierung, erlaubt sind u.a. Kalk, Weinsäure und Kaliumbicarbonat
    • Demeter Österreich: Entsäuern nur mit Kalk erlaubt, eine Aufsäuerung ist verboten
  • Milchsäurebakterien zur Säurereduzierung / biologischen Säureabbau (= malolaktische Gärung) sind zugelassen
    • Demeter Österreich: ausschließlich spontaner biologischer Säureabbau durch indigene Milchsäurebakterien
  • Als Schönungsmittel u.a. zugelassen: Eiweiß, Milch, Kasein etc.
    • Demeter Österreich: organische Schönungsmittel wie z. B. Eiweiß sind verboten = Demeter Österreich-zertifizierter Wein ist vegan
  • Kupfer erlaubt bis 3 kg/ha und Jahr(gemittelt über einen Zeitraum von 5 Jahren) und vorzugsweise weniger als 500 g je Spritzung
  • mind. 10 % Biodiversitätsflächen je Betrieb

Verboten sind:

  • Prozesse, die einen großen Einsatz von Energie oder Rohmaterial verlangen.
  • Der Zusatz von Enzymen ist nicht erlaubt.
  • Lagertanks aus Plastik oder Polystyrol
  • Eichenchips zur Aromatisierung mit Eichenholz
  • einige Betriebsmittel (z. B. Gelatine oder Hausenblase), zusätzlich zu jenen, die bereits die EU-Bio-Verordnung verbietet

Spezifisch für Respekt-Biodyn geltende Grundsätze und Prinzipien des Biodynamischen Weinbaus

Respekt-BIODYN wurde gegründet, um die Grundsätze der Biodynamie gemeinsam in der Gruppe zu reflektieren und konsequent im Weinbau umzusetzen. Im Gegensatz zu Demeter werden keine anderen landwirtschaftliche Disziplinen abgedeckt, sodass der Fokus nur auf Wein und Weinbau liegt. Nach eigenen Angaben strebt respekt-BIODYN nach höchster Qualität, verbunden mit dem höchsten vorstellbaren Respekt vor den natürlichen Elementen, Boden, Pflanzen, Tier und Mensch. Respekt-BIODYN-Produkte sollen laut Definition eine „möglichst hohe ökologische, ökonomische, gesellschaftliche und emotionale Nachhaltigkeit“ gewährleisten. Ziel ist die Produktion von natürlichem, möglichst unverändertem Wein.

Zu den Geboten zählen:

  • Verwendung von 100 % respekt-BIODYN-zertifizierten Trauben
  • verpflichtende Handlese
  • spontane Gärung; Zugabe von betriebseigenen Hefen bei Gärstockung erlaubt

Verboten sind:

  • Schönungsmittel tierischen Ursprungs (z. B. Eiweiß) = respekt-BIODYN-Weine sind vegan
  • 16 Stoffe, darunter: Speisegelatine, Eieralbumin, Hausenblase, Kasein, Ascorbinsäure, Metaweinsäure, Eichenholzstücke, Gummiarabikum, Kupfercitrat
  • thermische Behandlung
  • Umkehrosmose
  • Vakuumverdampfung
  • Anwendung von Ionenaustauschharzen (= auf Kunstharzbasis hergestellte Filtermaterialien)
  • Säurekorrektur ist zu vermeiden. In Ausnahmefällen ist die Verwendung von kohlesaurem Kalk oder Weinsäure möglich.
  • Aufbessern ist zu vermeiden. Zugabe von Bio-Zucker ist in Ausnahmefällen erlaubt, um den Alkoholgehalt um max. 1 % vol. auf max. 12,5 % vol. zu erhöhen

Weitere Produktionsweisen

Umweltbewusstsein

© ÖWM / Blickwerk Fotografie

Umweltbewusstsein

Umweltschutz und eine sorgsame Handhabung der natürlichen Ressourcen haben hierzulande einen hohen Stellenwert. Deshalb ist es auch wenig überraschend, dass Österreich beim Thema umweltbewusster Weinbau global gesehen an der Spitze liegt.

Zurück zur Übersicht

Teilen: